Sport in der Pubertät: Die erste puberale Phase (Pubeszenz)
Die erste puberale Phase wird auch als „zweiter Gestaltswandel“ bezeichnet und beginnt bei Mädchen mit 11 oder
12 Jahren und bei den Jungen mit 12 oder 13 Jahren. Die Phase dauert bis zum 13./14. Lebensjahr bzw. 14./15.
Lebensjahr für Mädchen bzw. Jungen.
Schon 1 bis 2 Jahre vor der Entwicklung der Geschlechtsmerkmale beginnt im Gehirn die Produktion von Faktoren,
die später das Wachstumshormon (STH) und die gonadotropen Hormone induzieren. Die dann einsetzende Freisetzung von
geschlechtsspezifischen Hormonen führt zur Entwicklung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale und
Veränderungen im Körperbau.
Mädchen treten in der Regel früher in die Pubertät ein als die Jungen. Sie erfahren daher auch früher
Wachstumsschübe. Im Alter zwischen 10,5 und 13,3 Jahren sind sie im Durchschnitt größer und im Alter von 10,1 bis
13,8 Jahren schwerer als die Jungen. Bei den Jungen kommt es durch die vermehrte Bildung von Testosteron zu einen
verstärkten Aufbau von Proteinen, was die vermehrte Zunahme an Muskelmasse (von 27 auf fast 42 %) und -kraft
erklärt. Dies ist die Zeit, wo es zu einem erneuten sprunghaften Wachstumsanstieg kommt, neben der beginnenden
Sexualität, Proportionsverschiebungen in Richtung Aussehen eines Erwachsenen etc. In dieser Phase wachsen die
Jugendlichen bis zu 10 cm pro Jahr und legen an Gewicht fast 10 kg zu. Begleitet wird diese Entwicklung von einer
ausgeprägten psychischen Labilität, die Hand in Hand mit der ebenfalls hormonellen Instabilität geht. Psychologisch
gesehen muss der neue Körper erst einmal psychisch aufgearbeitet und akzeptiert werden.
Zu diesem Zeitpunkt treten dann auch die psychozozialen Veränderungen bei den Pubertierenden auf, mit all ihren
Facetten.
Für den Sport in der Pubertät heißt das, dass die Tage des „alleinbestimmenden“ Trainers gezählt sind.
Mitspracherecht, Einfühlungsvermögen, aktive Mitgestaltung usw. sind Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches
Training in dieser Phase. Denn aufgrund der psychophysischen Veränderungen hat sich auch die Interessenslage der
Jugendlichen verändert. Davon betroffen ist auch das einstmals hohe Interesse am Sport und die Erwartungen an
sportlicher Betätigung. Soziale Kontakte mit Gleichaltrigen stehen nun im Vordergrund und verdrängen den Sport.
Für den Sport ist zu beachten, dass die starke Größen- und Gewichtszunahme zu einem schlechteren
Last-Kraft-Verhältnis führt. Dies wird begleitet von einer Abnahme der Koordination (koordinative
Leistungsfähigkeit). Die Präzision in den Bewegungen lässt nach. Die „überschießenden Bewegungen“ sind typisch in
diesem Alter.
Auf der anderen Seite bietet diese Pubertätsphase die beste Trainierbarkeit von konditionellen Eigenschaften.
Das Training sollte also auf die Verbesserung von konditionellen Fähigkeiten ausgerichtet sein. Koordinative
Fähigkeiten sollten im wesentlichen nur gefestigt, nicht aber unbedingt ausgebaut werden.
In dieser Phase ergibt sich auch eine verbesserte intellektuelle Auffassungsgabe, was für neue Formen des
Bewegungslernens und der allgemeinen Trainingsgestaltung genutzt werden kann. Wie bereits erwähnt, sind die
Erwartungshaltungen in dieser Phase seitens der Jugendlichen anders geartet. Planungsbeteiligung, Eigenrealisierung
in der Gruppe und ein breit gefächertes Trainingsangebot mit einer starken Individualisierung der Führung sind gute
Anreize (lernen, üben und spielen). Konflikte sollen offen verhandelt werden, ohne dabei die Jugendlichen zu
bevormunden. Da die Jugendlichen eine labile Motivation für sportliche Betätigung haben, sollte dies auch bei dem
Maß an zumutbarer Belastung berücksichtigt werden. Andernfalls schlägt das Motivationspendel des Jugendlichen gegen
den Sport aus und dieser verliert nachhaltig sein Interesse. Um dies zu verhindern, ist ein individuelles Eingehen
des Trainers/Sportlehrers auf die Wünsche und Vorstellungen des Jugendlichen erforderlich, aber nicht immer einfach
und realisierbar.
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